Zuallererst eine Aussage von Friedrich Merz (Sendung Markus Lanz 28.1., Minute 23:40), CDU-Vorsitzender, vom 13.11.2024 im Bundestag:

Wir sollten vereinbaren, mit ihnen den Sozialdemokraten, und ihnen den Grünen, dass wir nur die Entscheidungen auf die Tagesordnung des Plenums setzen, über die wir uns zuvor mit ihnen von der SPD und den Grünen in der Sache geeinigt haben. So dass weder bei der Bestimmung der Tagesordnung noch bei den Abstimmungen hier im Haus in der Sache auch nur ein einziges Mal eine zufällige oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit mit denen da [deutet auf AfD Fraktion] zustande kommt.

Am 23. Januar sagt Merz (youtube Video)

Ich weigere mich anzuerkennen, dass die Taten von Mannheim, Solingen, Magdeburg und jetzt Aschaffenburg die neue Normalität in Deutschland sein sollen. Das Maß ist endgültig voll. Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer in Deutschland seit 10 Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik. Es ergeben sich aus meiner Sicht nun endgültig einige Schlussfolgerungen, die eine von mir geführte Bundesregierung sofort zu ergreifen hat. Erstens: ich werde im Fall meiner Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland am ersten Tag meiner Amtszeit das Bundesinnenministerium im Weg der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarn dauerhaft zu kontrollieren … Die europäischen Regeln, Dublin, Schengen, Eurodac, sind erkennbar dysfunktional. Deutschland muss daher von seinem Recht auf Vorrang des nationalen Rechts Gebrauch machen.

Die Debatte am 29.1. im Bundestag geht um Drucksache 20/14698.

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU

zu der Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler zu aktuellen innenpolitischen Themen

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich folgende Maßnahmen umzusetzen:

  1. Dauerhafte Grenzkontrollen: Die deutschen Staatsgrenzen zu allen Nachbarstaaten müssen dauerhaft kontrolliert werden.
  2. Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche illegaler Einreise: Es gilt ein faktisches Einreiseverbot für Personen, die keine gültigen Einreisedokumente besitzen und die nicht unter die europäische Freizügigkeit fallen. Diese werden konsequent an der Grenze zurückgewiesen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie ein Schutzgesuch äußern oder nicht. In unseren europäischen Nachbarstaaten sind sie bereits sicher vor Verfolgung, einer Einreise nach Deutschland bedarf es somit nicht.

15:19 Die Grünen (Habek) fordern Herrn Merz von der CDU auf, heute bitte nicht zum Erstenmal in Deutschland das Europarecht in Frage zu stellen, und zwar mit den Stimmen der Russlandfreunde und Europaverächter von der AfD.

15:30 Die FDP signalisiert die Zustimmung zum Antrag. Die FDP sieht keinen Dammbruch.

15:31 Die SPD sieht eine tektonische Veränderung. Es sei ein Bruch der CDU mit der Politik von Kohl/Merkel.

16:25 Die SPD zitiert den Österreichischen ÖVP Intrimskanzler Schallenberg: „Wenn jeder von uns jetzt einzeln einfach die Zugbrücken hochzieht, dann sind wir alle ärmer”.

16:30 Die SPD meint, dass, wenn sich Deutschland nicht an geltendes Europarecht halte, so würden es andere auch nicht mehr tun.

16:40 Die CDU meint, sie werbe um die Zustimmung aus der Mitte, nicht der AfD.

17:40 Bekanntgabe zu Antrag 20/14698: 703 Stimmen insgesamt / 348 Ja / 345 Nein / 10 Enthaltungen. Antrag angenommen [mit Mehrheit von CDU/CSU+AfD+FDP, Enthaltungen von BSW].

17:42 Grüne beantragen Unterbrechung der Sitzung, wollen nicht zur Tagesordnung zurückkehren, die CDU hätte die Mitte der Demokratie verlassen.

17:43 Merz (CDU) spricht, Pfui Rufe aus dem Plenum. Merz fordert SPD und Grüne auf, bis Freitag über den dann einzubringenden Gesetzesentwurf zu debattieren. Es könne keiner Fraktion verwehrt werden, Anträge einzubringen.

17:47 Grüne (Haßelmann) meint, dass heute zum Erstenmal Mehrheiten gesucht wurden ausserhalb der demokratischen Mitte. Niemand hätte den Grünen das Gespräch angeboten, wie sonst üblich.

17:54 Die AfD meint dass die breite Bewegung der westlichen Länder gegen den linken Kurs, diese Bewegung geführt von Trump, Meloni, Wilders, Kickl, jetzt auch in Deutschland angekommen sei. Es sei ein historischer Moment.


Die Sonderausgabe der Sendung “Berlin Code” aus dem ARD Hauptstadtstudio vom 29.1. kommentiert:

2:40 Ohne Übertreibung ein historischer Moment im Bundestag. Könnte sich eingraben in das historische Gedächtnis der BRD. Die AfD hat zum Erstenmal zur Mehrheit verholfen.

6:50 Es geht nicht um die Inhalte dieser Anträge. Darüber kann man streiten. Es geht darum dass Friedrich März in diesem Moment die Tür aufgemacht hat zur AfD. Er hat einen Grundkonsens aufgekündigt, den es in der Geschichte der BRD bis heute gegeben hat: keine Kooperation mit einer in Teilen rechtsextremen Partei.

8:55 Anträge sind eine Willensbekundung. In der Praxis keinerlei Auswirkung. Es wird sich nichts ändern in den nächsten drei Monaten. Nur ein Signal des Parlamentes an die Bundesregierung.

26:00 Olaf Scholz kommt von der rationalen Seite. Er sagt: es gibt Recht, er verweist auf das Grundgesetz, Recht auf Asyl, das im Grundgesetz steht. Er verweist auf europäisches Recht, er sagt, was dieser Friedrich Merz da macht [vorschlägt], das bricht EU Recht.


Angela Merkel: “Für falsch halte ich es … eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen” (Zitat)

Manfred Weber, CSU + Parteivorsitzender EVP, sagt bei Markus Lanz am 28.1., Min 33:00: “Friedrich Merz hat klar formuliert, dass er an den Aussengrenzen zurückweisen will, auch wenns eventuell einen Anlass gibt dass ein Flüchtlingsgrund dahintersteht. Und das steht genau in unserem Grundgesetz drinnen, in den 90er Jahren überarbeitet, mit der Überlegung, sichere Drittstaaten, Österreich, Polen, da kann ich zurückweisen, natürlich ist das rechtlich möglich.

Ulrike Herrmann, Journalistin: Es ist Europäisches Recht, dass die Asyl beantragen können und dann muss man feststellen und im Zweifel nach Bulgarien zurückschicken. Man kann nicht verhindern dass Asyl beantragt wird.

Weber: wir haben in unseren Anträgen klar formuliert, dass das ein Weckruf Deutschlands ist. Wir sind nicht die Einzigen. Polen, Tusk, geht weiter, Dezember 24, beim Europäischen Rat, will das Recht temporär Asyl auszusetzen, weil er sagt, weil Migration in Belarus durch Putin als Waffe eingesetzt wird. Darauf muss sich Europa einstellen.

Weber, Minute 29:50 Das Tunesienabkommen ist von Ursula von der Leyen unterschrieben worden. Girgia Meloni hat einen wesentlichen Beitrag geleistet. Ich wurde früh kritisiert dass ich mit Giorgia Meloni zusammengearbeitet habe. Ich bekenn mich dazu.

[Meloni ist Vorsitzende der Fratelli d’Italia, Mitglied der 2009 gegründeten Fraktion der “Europäischen Konservativen und Reformer (EKR)”, wie auch die polnische PIS. Kickl, Orban, Babis gründeten am 8. Juli 2024 die Fraktion “Patriots for Europe”, jetzt dabei LePen und Lega Nord. Die AfD gründete am 10. Juli die “Europe of Sovereign Nations”, weil LePen wohl nicht mit der AfD konnte wegen Nazisprüchen.]


Thorsten Frei (CDU) bei Markus Lanz von 29.1. Minute 25:00: Grenzkontrollen und Zurückweisungen an der Grenze, das ist was wir jetzt sofort machen müssen. Dafür brauchen wir keine neuen Gesetze. Artikel 16a Absatz 2 des Grundgesetzes, Paragraph 18 des Asylgesetzes. Heute hat der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, geltendes Recht umzusetzen. Dauerhaft kann man mit Zurückweisungen das Problem nicht lösen. Das würde natürlich auch Europa kaputtmachen. Deshalb brauchen wir im zweiten Schritt eine Europäische Lösung. Da haben wir einen Vorschlag gemacht, mit der sicheren Drittstaatenregelung ausserhalb Europas. Asyl bedeutet nicht, dass man sich das Land aussuchen kann.


** Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 16a ** (Gesetzestext)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften … einreist.

** Asylgesetz § 18 Aufgaben der Grenzbehörde ** (Gesetzestext)

(4) Von der Einreiseverweigerung oder Zurückschiebung ist im Falle der Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) abzusehen, soweit

  1. die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft … für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist.