Michel Friedman im Gespräch mit der Zeit am 6.11.24
Wir müssen versuchen Politik in Vernunft, Argument, und Strategie zu denken. Und dann müssen wir bei [US Präsident Donald] Trump einerseits die Außenwelt und Geostrategie diskutieren und das was Trump nach innen in die Gesellschaft trägt, was wiederum Konsequenzen hat für Menschen und Parteien die sehr ähnlich denken wie er.
Geostrategisch bedeutet diese Wahl [von Donald Trump zum US Präsidenten] eine deutliche Schwächung des europäischen Gedankens, repräsentiert momentan an dem größten Konfliktfall den wir in Europa haben, nämlich Krieg der eindeutig von Putin initiiert und auch mörderisch geführt wird und von der Ukraine abgewehrt wird.
Die Europäische Union, auch Deutschland, hat Selenski und der Ukraine viel zu wenig und viel zu spät immer Waffen gegeben jetzt herrscht auch noch ein großer Mangel an Munition. Und das hat dazu geführt dass die Verhandlungskraft die jetzt nötig sein wird, eine viel schwächere Ukraine darstellt als wenn wir sie unterstützt hätten.
Geostrategisch bedeutet es, dass sowohl Xi [Jinping] aus China als auch Putin aus Russland, ich nehme die Mullaführer aus dem Iran dazu, eine neue Weltordnung ausgerufen haben. Der Stärkere bestimmt wer in sein Einflussgebiet kommt. Das erleben wir bereits jetzt.
Trump ist demokratisch gewählt, und ob wir wollen oder nicht, er ist ein demokratischer Präsident. Viel schwieriger sehe ich die Entwicklung eines Mannes der keinen Respekt vor Menschen hat.
Das wird Konsequenzen haben in den Nichtstreitkulturen, wir werden sehen dass die Lüge noch stärker sich entwickeln wird. Was für eine Demokratie, für die Aufklärung, für die Vernunftsgesellschaften eine Katastrophe werden könnte.
Sein engster Freund Elon Musk ist der Eigentümer von X, auch eine der schlimmsten Propaganda- und Lügen- Sozialnetzwerke die es gibt. Das heißt wir werden in diesen Jahren darum verhandeln müssen, auch was junge Menschen angeht - Was ist zivilisiertes miteinander Umgehen? Und was ist die Grundlage von aufgeklärten demokratischen Vernunftsgesellschaften. Das kann die Lüge nicht sein.
Wir werden als weiteren Punkt erleben, dass der Aufschwung den antidemokratische rechtsextremistische Parteien bereits in Europa haben - Österreich, Ungarn, aber auch Polen wieder an der Kippe, Italien, um nur ein paar wichtige Länder zu nennen - dass diese Wahl von Donald Trump ihnen Aufschwung geben wird. Bisher werden sie unterstützt von Russland sowohl mit Geld als auch mit Propaganda, mit Lügengeschichten.
Die ersten Gratulanten jedenfalls aus Europa waren rechtsextremistische Parteien, in Deutschland vorne weg die AFD. Wir sehen aber auch Realpolitik in diesen Minuten. Das heißt auch eine deutsche Regierung mit Annalena Baerbock beispielsweise gratuliert ja einem demokratisch gewählten Präsidenten Amerikas.
Und Realpolitik bedeutet: Deutschland braucht Amerika, Frankreich braucht Amerika, die EU braucht Amerika, die ganze Welt braucht Amerika. Auch Netanjahu in Israel und im Nahostkonflikt braucht Amerika.
Was also hier an Interessensunterschieden - zwischen den Interessen Russlands solche Parteien zu fördern, und im Interesse von Trump solche Parteien zu fördern - an Konflikten bringen wird, das wissen wir noch nicht.
Wenn Sie sich vorstellen welche Themen (Abtreibung beispielsweise) eine Rolle spielen, sehen wir, dass auch unter Trump die Rolle der Frau, die Emanzipationsprozesse der Frau wieder rückwärts geschraubt werden sollen. Das kennen wir in allen rechtspopulistischen Parteien, das sehen wir übrigens von der AFD bis auch wiederum zu Orban oder Kaschinsky, die da auch noch das Christentum als ein weiteres Argument hinzunehmen.
Das heißt, dass wenn überhaupt Religion wieder so ein Mittelpunkt wird, in demokratischer Politik eine Rolle spielt, dann ist das hochgefährlich. Denn die Aufklärung beginnt damit, dass der religiöse Glaube und die weltliche Macht getrennt werden und dass Glaube und Wissen zwei unterschiedliche Kategorien werden.
Übrigens, die Religion der Gegenwart sind die sozialen Netze und vor allen Dingen für junge Leute. Da wird nur geglaubt, da werden die letzten Fragen nicht gestellt.
Ein weiterer Punkt ist, dass die Minderheiten in dieser Welt, ob das Queere, ob das LGBTQ Gesellschaft Plus ist, aber auch Juden, aber auch vor allen Dingen auch wieder Schwarze, dass all diese Minderheiten, sowohl in Amerika (in Europa sowieso und schon seit langem), unter einer weiteren Gefahr des Rückschrittes der Emanzipation leiden werden.
Sie werden als erstes spüren, was diese denn doch sehr, ich sage es noch mal, sehr deutlich Menschen diskriminierende Art und Weise von Politiksprache von Herrn Trump angeht, dass das ja jetzt leading policy wird. Und dass aus der geistigen Brandstiftung die Gefahr besteht, dass sie zur Brandstiftung [echt] führt.
Lassen Sie mich ein Letztes (nocheinmal) in einen sehr klaren Mittelpunkt stellen: der Fortschritt der Welt, der Fortschritt auch, ob in Medizin, ob in den Geisteswissenschaften, ob in allen Fragen der Naturwissenschaften, aber auch in der Frage dass wir in der Lage sind auf den Mond zu fliegen um dort wissenschaftliche Untersuchungen zu machen, die ganze Krebsmedizin, alles worüber wir also reden, sind Ergebnisse der Vernunft.
Wir haben uns vor ganz kurzer Zeit [also im 18. Jh] darauf geeinigt , dass das Wissen und die Tatsache die Grundlage von Streitgesprächen ist. Das heißt, wir haben Tatsachen, die in Beweisverfahren laufen. Darüber streiten wir dann, das interpretieren wir und das nehmen wir als Grundlage um zu forschen, zu diskutieren, zu Ergebnissen zu kommen. Das hat die Menschheit in den letzten 200 Jahren zu unglaublichen Erfolgsmomenten gebracht.
Wenn wir in einer Welt landen, und das befürchte ich nun wirklich, wo die Wissenschaft, die Tatsache keine Rolle mehr spielt als Gesprächsgrundlage, dann sind wir über hunderte Jahre zurückversetzt. Sie können sich an einem Beispiel das Vorstellen, sehr konkret. 60% aller jungen Menschen unter 20 Jahren sagen, dass sie Tiktok als einziges Informationsmedium erleben. Lassen wir uns also hoffen, dass wenn sie älter werden, wenn sie in das Gymnasium weitergehen, wenn sie studieren oder eine Lehre machen, wenn sie überhaupt mal erwachsen werden, davon sogar zwei Drittel wieder in eine breite Informationsschiene gehen. Dann bleiben immer noch 20%.
Stellen wir uns vor in 10 bis 15 Jahren gibt es ein Meeting (in ihrer Zeitschrift oder in einem Unternehmen, wo auch immer), und in diesem Meeting sagen dann diese 20% eine These. Und bestimmen ihre Quelle aus Tiktok, eine Lüge. Wie sollen die anderen 80% mit denen Brücken bauen, die auf Tatsachen argumentieren, und die anderen auf Lügen.
Das heißt gesellschaftspolitische Prozesse können nachhaltig gestört werden, auch was die Schulbildung angeht ähnliche Fragen, wenn wir nicht wieder ganz klar zurückerobern dass für unsere Dialoge, für unsere Erkenntnis, auch für unsere Evolution, das Wissen die Geschäftsgrundlage aller Debatten wird.
Wenn Wahlen sind, geht es um die politische Mobilisation und hier kann ich also auch nur empfehlen.
Sie, eine Menschenfängerin [Weidel? oder Wagenknecht?], erzählt uns, dass Russland uns gut tun könne und opfert dafür die Ukraine. Ich kann nur sagen, ein Land das nach innen Bürger und Bürgerinnen in Gefängnisse schmeißt, teilweise auch tötet, nur weil sie anderer Meinung sind als Putin, eine harte Diktatur nach innen, und eine imperialistische kriegerische Diktatur nach außen. Es ist nicht nur die Ukraine. Ich erinnere an Georgien, bei den Wahlen eine Manipulation durch Geld aus Russland.
Dazu kann ich nur sagen: wir sollten weder die eine Partei wählen [i.e. BSW], erst recht nicht die Partei des Hasses die eindeutig demokratische Standards nicht mehr will [i.e. AfD]. Also ein Engagement in Richtung der demokratischen Parteien. Demokratie ist immer: ich wähle das kleinste Übel.
Wird Trump jetzt vielleicht die Antiamerikanisten in die Arme Putins treiben?
Wenn wir so blöd sind uns so verführen zu lassen und dass das Ergebnis ist, dann können wir Deutschland zumachen. Sich binden an eine Diktatur, ich sag noch einmal, eine Diktatur die mitten in Europa völkerrechtswidrig einen Staat brutal angreift und Millionen Menschen mittlerweile auf dem Gewissen hat, übrigens auch die eigenen Soldaten, ein Staat der auch offen erklärt, dass er eine neue Weltordnung will, und auch in Europa sich die alte Sowjetunion wieder aufbauen will, als den näheren Partner zu haben …
Und das möchte ich dann auch betonen, eine Bindung an die Werte ist nicht mehr heute eine Bindung nur an den Westen gegen den Osten. Sondern wir haben osteuropäische Länder die demokratisch sind, wir haben westeuropäische Länder, die sich entdemokratisieren, und wir haben Amerika auf der anderen Seite. Ich empfehle da mit großem Selbstbewusstsein sich nur Partner zu suchen die, ja, man muss es sagen, die Würde des Menschen anerkennen, die den Respekt als Grundlage der Kommunikation anerkennen, die sich entschieden haben - zwischen Achtung und Verachtung - für die Achtung. Die sich entschieden haben immer noch eine friedliche Welt zu wollen aber sich endlich dazu aufmachen sich verteidigen zu können, damit die kriegerische Welt sie nicht angreift. Also ob sie das westlich nennen, östlich, nördlich oder südlich …
Eine Richtung kann nie funktionieren, sich an Diktaturen ranzukleben und sie opportunistisch als Partner zu suchen … wir sind die freie Welt.
Eine sehr wichtige Differenzierung: Juden sind keine Israelis, das eine ist eine Religion, das andere ist seine Staatsbürgerschaft. Donald Trump ist ein Mensch der in tiefster Verachtung über Individuen wie auch über Menschengruppen spricht. Eine seiner letzten Statements war, er wolle all diese Ausländer nicht haben und “the Animals”, die Tiere, dann alle zurückdrängen. In dem Moment, wo ein Politiker in der Tiersprache über Menschen spricht, wissen wir es geht dramatisch bergab. Für Minderheiten, auch für die jüdische, kann das nicht gut sein.
Die Demokratie ist ein Angebot an uns alle. Wenn uns die Parteien so wie sie jetzt sind nicht gefallen: werden wir Mitglieder der Partei! Und verändern damit wieder Parteien, so ist es übrigens seit Jahrzehnten in der Bundesrepublik gewesen.
Wir haben überhaupt keinen Grund, schüchtern, minderwertig über unsere Demokratie zu reden. Ich gehe sehr selbstbewusst mit einem Handelskoffer, ich bin nämlich Handelsvertreter für die Demokratie vom Beruf, von Tür zu Tür und habe in mein Kofferchen das Grundgesetz. Und das ist ein ganz wunderbares Buch.
Und ich glaube dass die Menschen, die in zwei Jahrhunderten leben durften unter den Freiheitsrechten die garantiert waren, unter dem Respekt vor den Menschen der garantiert war, und mit allen Fehlern und mit allen Rückschlägen (aber immer wieder dann den Weg gesucht hat das Ziel zu erreichen), besser leben als in der besten Diktatur, wo sie letztendlich nichts zu sagen haben und Angst haben müssen.
Und deswegen eine kurze Zusammenfassung: die schlechteste Demokratie, und das will ich allen sagen die so eine Nostalgie haben, ist immer noch besser als die beste Diktatur.
Ich glaube dass das Grundgesetz eines der ethischsten, Menschen zugewandtesten Grundideen sind um einen Staat zu determinieren, aber am Ende hängt es von den Demokraten und Demokratinnen ab. Aber auch von denen die Verantwortung tragen. Damit meine ich nicht nur die Politik, Elitefunktionen sind nicht elitär sondern sind Verantwortungsfunktion, das gilt für uns Journalisten, Publizisten, alle die wiederum eine Funktion haben das gilt übrigens auch für einen Rewe Filialleiter. Wie reden wir miteinander? Wie gehen wir miteinander um? Wie erziehen wir kleine Kinder schon zu Hause? Dort lernen sie Demokratie. Wie sehen sie die Eltern streiten, brüllen die sich an, reden sie gar nicht miteinander, wie streiten sie mit dem Kind.
Und dann kommen Kinder in Schulen oder in Kitas, und da bin ich sehr sehr streng: alle Parteien, alle Parteien haben versagt in der Bildungspolitik. Denn dort können wir im geschützten Raum den Kindern beibringen, in Übung, dass man miteinander unterschiedlicher Meinung sein kann, dass man Argumente finden muss, dass man streiten kann, aber dass man deswegen nicht beleidigen muss und vor allen Dingen Freunde bleiben kann. Das alles findet viel zu wenig statt.
Wir sind als jüdische Gemeinde doch nur ein sichtbares Symptom was passiert wenn die Würde des Menschen angetastet wird. Aber glaube doch Keiner, wir sind die Einzigen. In dem Moment, wo die politische Macht die Würde von wem auch immer beginnt anzutasten, werden alle auf das Türschellen warten und Sie werden wissen es steht jemand vor der Tür der sie mitnimmt. Ich bin überzeugt davon dass das nicht kommen muss. Ich bin überzeugt davon dass Millionen Menschen, wenn sie endlich von ihrer gelangweilten Couch aufstehen, wenn sie aus ihrer Dekadenz herauskommen, wenn sie spüren dass die Grundvoraussetzung für ein gutes Leben ein freies und friedliches ist, bei der nächsten Wahl die Parteien des Hasses sehr schnell wieder dort zurückbringen können wo sie hingehören, in die Nische.
Werden die AfD von dem Sieg von Donald Trump profitieren?
Ja, weil immer da wo man sie dann als extrem oder als ganz furchtbar antidemokratisch bezeichnen wird, wird sie Donald Trump zitieren und wird sagen, nicht wir sagen dass Flüchtlinge “Animals” sind, das sagt immerhin der amerikanische Präsident. Und natürlich ist das ein Aufschwung für alle die in der Richtung von Donald Trump unterwegs sind.
Aber die Antwort ist nicht Frustration, wir sind nicht hilflos, noch ist diese Partei auf Bundesebene in Umfragen bei 20%. Wir sind 80%, heißt es. Aber von den 80%: wie viele sind gelangweilt, wie viele sind gleichgültig, wie viele sind dekadent? Also wie viel von den 80% hat so glühende Augen, ist so leidenschaftlich (dass Deutschland demokratisch bleibt) wie diejenigen, die Deutschland nicht mehr demokratisch sehen wollen.
Jede demokratische Partei ist mir lieber als die AFD. Auch wenn Punkte die ich bei diesen Parteien immer kritisieren werde … und das ist auch demokratisch … oder mir viele Punkte nicht gefallen, weiß ich jedenfalls dass ICH mit einer Partei VERHANDLE, die verstanden hat, dass sie mit Bürgern und Bürgerinnen zu verhandeln hat.
Sie AFD will gar nicht verhandeln. Die AFD will recht haben. Und sie will nichts anderes als die Stimmen die ihr dafür die Macht geben. Die AFD behauptet, sie sei die Partei des Volkes, und sie sagt: wenn das Volk die Mehrheit hat, also auch die AFD, dann sind wir legitimiert. Das ist ein demokratisches VOR-moderne Verständnis. Das demokratische Verständnis der Moderne ist, dass der Minderheitenschutz denselben Anspruch hat wie der Schutz der Mehrheit. Das ist die Kunst des Demokratischen: alle Menschen jedenfalls so zu integrieren, dass sie im politischen Mittelland bleiben können.
Also noch einmal: ich bin nicht hilflos, sie sind nicht hilflos, ich glaube nur dass wir uns auf den Weg machen müssen. Der eine oder andere der nicht mehr geübt ist im politischen Streit wird auch ab und zu einen Muskelkater bekommen. Aber ich bin sicher dass wir diesen Marathon gewinnen können. Wenn nicht, stellt sich wieder die Frage nach “Wehret den Anfängen”. Wir haben viele Anfänge nicht ge-wehrt [bekämpft], das gilt nicht jetzt nur für den Antisemitismus sondern für diese Demokratie die angegriffen wird.
Sind wir zu spät, sind wir noch gerade richtig oder haben wir sogar noch Luft. Ich will die Antwort darauf nicht jetzt geben. Ich muss dafür plädieren, dass wir noch Luft haben. Weil alle die zuhören und die Demokratie vernichten wollen, sollen wissen: wenigstens ich bin noch da.
Um Argumente geht es in dieser Auseinandersetzung der Populisten überhaupt nicht. Im Gegenteil, sie zerbröseln und zertrümmern Argumente.
Was nichts anderes heißt als dass natürlich das Demokratische, das Verhandeln, ein sehr langer Prozess ist, ein Kompromissprozess ist. Die totalitäre Art und Weise mit Konflikten und Problemen umzugehen, ist schnell zu entscheiden und umzusetzen. Das mögen viele. Die Demokratie braucht lange. Aber das macht eben die Demokratie aus, weil da kein Diktator ist, sondern wir verhandeln, weil viele Machtebenen miteinander geteilt umgehen müssen, weil das Volk in der Tat immer wieder als Störenfried gewünscht ist. Währenddessen in der Diktatur das Volk als Störenfried sofort ins Gefängnis kommt.
Und ja wir haben momentan bei diesen Krisen die wir besprechen große große Probleme weil wir in den letzten 20 30 Jahren auch eine sehr schlechte Politik gemacht haben, Infrastruktur, Digitales.
Es gibt in Deutschland keine geostrategische Kultur oder Politik, bei keiner Partei, das muss man sich mal vorstellen. Sie gibt es nicht, und sie gibt es auch in anderen europäischen Ländern nicht, mit Ausnahme von Frankreich, das immer ein geostrategisches Land war mit Konzepten.
Schauen Sie, alles was ich sage macht mir gerade auch mein Leben schwer und konterkariert das was ich mir wünsche. Das ist eine Anstrengung, aber sie ist es wert. Ich kann das nur noch mal sagen, ich kann meine Klappe nicht halten. Ich will meine Klappe auch nicht halten. Und wenn ich mit ihnen Rede und ich merke sie würden mit dem Kopf schütteln, würde ich trotzdem sagen was ich sagen will. Wären sie aber jetzt ein Sender, wie es in diesen Ländern - wie es in Ungarn mittlerweile gibt, wie es das auch in Polen mittlerweile gibt, wie es das übrigens in totalitären Staaten nur gibt, und ich sehe die Moderation schüttelt mit dem Kopf, würde in mir ein echter Angstfluss losgehen.
Wenn Sie jemanden kennen, dann wecken Sie die Person auf, holen Sie sie aus der Couch, reden sie mit ihr wieder politisch, streiten sie sich, wenn die sich wehren, machen Sie einfach weiter. Jeder muss jetzt eine Person die er kennt und sich selber wahrscheinlich aus der Komfortzone ein bisschen hervorheben. Wir brauchen in diesen Monaten eine politische Gesellschaft, eine politisierte Gesellschaft die im demokratischen aber nicht mit Hass+Gewalt sondern mit Neugier zueinander gewandt in der Unterschiedlichkeit der politischen Konzepte eine Stimmung hervorbringt die sich in einem Wahlkampf niederschlägt und die die politischen Parteien auch überzeugt dass, wenn sie wieder nicht funktionieren, haben sie jetzt bei der nächsten Legislaturperiode eine wache Gesellschaft die ihnen tierisch auf den Keks gehen wird.
Gehen wir wieder in Parteien, auch wenn es schmerzhaft ist. Wecken wir unsere Nachbarn auf. Und uns übrigens selbst. Denken wir nicht, wir haben schon alles getan was wir tun können. Noch einen Schritt weiter. Haben wir keine Angst vor Konflikten und Streit und informieren wir uns wieder besser. Versuchen wir wieder mehr zu wissen. All das sind anstrengende Prozesse. Aber wie wunderbar ist sich damit selbst und andere zu entwickeln.
Es gibt die Freiheit Nichts zu tun. Es gibt die Freiheit zuzugucken wie die Demokratie kaputt geht. Ja das muss ich konzidieren. Aber wenn irgendjemand heute mit mir sitzt und sagt er möchte dass die Demokratie Fortbestand hat, sage ich dann sei konkret und misch dich ein im Verein, in der Familie, im Büro, aber auch bei NGOs, schlimmstenfalls bei Parteien. Ich betone: in Streitkultur, nicht in diesem Geschrei.
Und übrigens, darf ich das auch noch sagen, wir Journalisten könnten jetzt auch wieder besser werden.
Nachtrag 30.1.25: Michel Friedman tritt aus der CDU aus
“Demokratische Parteien suchen ihre Mehrheiten unter Demokraten. Die AfD ist eine antidemokratische Partei”.
In der Parlamentarischen Gedenkstunde des Saarländischen Landtags sagte Friedman am 27.1. prophetisch: “Wir lösen keine politischen Konflikte, und selbst die Besten Lösungen sind keine, wenn das WIE wir darüber reden uns mehr vergiftet als die Lösung uns helfen wird.”
Im Interview beim Wiesbadener Merkur vom 2.2.: “Friedrich Merz ist ein Demokrat der einen großen Fehler gemacht hat ein großen Schaden hervorgerufen hat. Die Gegner sind nicht die CDU sondern die AFD. Denn sie ist eben keine demokratische Partei und dass sie demokratisch gewählt wurde macht sie dadurch ja nicht noch zu einer demokratischen Partei.”