Emil Frida Klimt
Freunde, gerade ist ein Ausstellung im unteren Belvedere. Da sind die drei Fakultätsbilder von Gustav Klimt ausgestellt. In Farbe und Originalgrösse!
Wie ist das möglich, fragt sich der Kunstkenner, wo er doch weiss, dass die Bilder von irgendwelchen abziehenden Nazibonzen 45 im Schloss XY in Niederösterreich abgefackelt wurden, bevor sie sich verzogen haben, die Schweine.
Die Bilder waren für die Decke der Uni Wien bestimmt, wurden aber nicht dort angenagelt sondern nur ausgestellt und dann verkauft weil die Leute sowas nicht permanent wollten. Aber man hat Schwarzweissfotographien und Beschreibungen aus denen jetzt die Farben hochgerechnet wurden. Komischerweise sind im Internet noch die Schwarzweissversionen, but watch out, die müssen irgendwann in Farbe dort sein, weil die KI kommt lt. Ausstellungstext von Google Arts&Culture.
Im Ausstellungsraum im Belvedere ist jetzt die Decke so zu sehen wies gedacht war. In der Mitte ist ein Bild, das heute auch tatsächlich an der Decke der Uni ist. Schön, schön anzusehen, von irgendeinem Noname schön schön gemacht, das wurde als würdig empfunden den hohen Fakultäten der Universität.
Klimt malt bei der Juristerei einen Angeklagten der von Rachegöttinnen drangsaliert wird, die Medizin ist ein Bild der Angst und an der Philosophie verzweifeln Jung und Alt. Mit einem Wort, Klimt hat gezeigt was Sache ist. Die Leute aber wollten schön schön. Weil die Professoren angesehen sein wollten und sollten, hoch im Kurs sozusagen. Sie glaubten, Klimt würde sich einen Spass machen, fühlten sich verarscht. Auch laut Wikipedia.
In meinem Kunstrausch hab ich heut ein Buch über Frida Kahlo erstanden. Da ist ein Bild, beauftragt von einer, die eine gemeinsame Freundin nach deren Tod für die Mutter haben wollte. Frida hat sie gemalt wie sie sich vom Hochhaus stürzt und unten liegt. So wies halt wirklich war. Die Mama hat das Bild, in dem Fall verständlicherweise, nie zu sehen bekommen.
Im Kino lief zuletzt eine Filmdoku von und über Emil Steinberger, den Schweizer Kabarettisten. Emil ist mittlerweile über 90, noch gut im Schuss auf jeden Fall.
Eine Episode zeigt ihn im Zirkus Knie, einer seiner grossen Triumphe in den Siebzigerjahren. Retrospektiv erzählt er, dass einmal auch seine Mutter die Vorstellung besucht hat. Zur Stimme werden Fotos von Zirkusdirektor “Vater” Knie eingeblendet. In der Manege, Hoch zu Ross, weisser Schimmel, und im Frack walzertanzend. Schön, schön.
Emils Mutter meinte wohl: ja, das was Vater Knie da macht, das ist das Richtige. Warum ihr Sohn da den Clown macht wollte sie zeitlebens nicht einsehen. Sie wollte schön, schön. Walzermusik, weisse Schimmel (in meiner Crônica sind Schimmel weiss). Sie hat ihrem Sohn nie verziehen. Er, der schon damals zigfach Reiche, Berühmte, leidet ziemlich offensichtlich heute noch unter dieser Nichtanerkennung durch seine tote Mutter.
Warum fand sie nur die lahme Schimmelvorstellung gut? Emils Performance ist ein zeitloser Klassiker. Antwort: Mutter Steinberger wollte so sein wie Vater Knie. Edel, hoch, schön schön. Egal wie langweilig der Knie ist, alle Besucher im Hause Steinberger würden sagen, oh, ah, schön, schön und sich gegenseitig zunicken. Strand schön, Essen gut.
Der Sohn Emil würde aus dem Hause verbannt und verschwiegen werden, wer will schon Clown sein.
Nun kam raus, dass Mutter Steinberger aus unbegüterten Verhältnissen stammte, sich aber ein bürgerliches Leben aufgebaut hat. Ich nehm an sie musste einige Kompromisse eingehen um’s auch für ihren Sohn einmal besser zu haben. Die ungelungene Geburt Emil hat dann ihr so erbautes Werk etwas angetrümmert und nicht mehr ganz fraglos gestellt. Zum kleinen Glück auch nicht ganz zertrümmert, weil Emil ausgeblendet und Vater Knie und Strand schön, Essen gut.
Aber nun kommen zum grossen Unglück (neben Emil) auch noch Onkel Gusti und Tante Frida und zeigen was im Grunde Besucher und Gastgeber wissen. Dass dieser schön schön Kindergarten für alle Zeitvergeudung ist. Die Uhr tickt nämlich. Tick. Tick. iiih, oh. Aber Pssssst.
Postskriptum. Als ich vom Spaziergang zum Haus meiner Eltern zurückkerte, war niemand da. Sind einkaufen (haben Schlüssel), dacht ich mir. Mach mir was zum Essen, esse, geh aufs Zimmer, vorher noch auf die Terasse, grüß die Eltern im Garten, schliesse die Terassentür von innen (sind ja einkaufen) und aufs Zimmer. Bis es klingelt. Mama über Gartenzaun zum Nachbarn auf die Strasse zur vorderen Haustür. Zum Weinen.